Wie LockitNetwork zusammen mit Webgate.io bei der Fortsetzung des Kultklassikers hinter den Kulissen aufs Gas drückt. Wir haben mit Script Supervisor Carmen Stuellenberg, DIT Ronny Langer und Schnittassistent Nils Radtke gesprochen.
Nach über 30 Jahren heißt es wieder „Uschi, ich hab nen Ruf zu verlieren!“ – Bertie holt den alten Manta aus der Garage: Mit „Manta Manta – zwoter Teil“ bekommt der Kultklassiker eine verdiente Fortsetzung.
Seit dem ersten Teil hat die Technik am Filmset ein ordentliches Tuning bekommen: Statt Papier und Stift werden viele Prozesse mit digitalen Tools erledigt, anstatt physischem Drehmaterial gibt es nur noch digitale Clips. Nicht zuletzt der Regisseur, Editor und Schauspieler in Personalunion, Til Schweiger, bewegt sich bei der Produktion seiner Filme gerne auf der Überholspur. Wie gut, dass der Service von LockitNetwork und Webgate.io für die Bereiche Script Supervision, Dailies und Schnitt genau das tun: beschleunigen.
Präzision in Lichtgeschwindigkeit
Bei all der rasanten Arbeit am Set soll natürlich nicht die Präzision leiden: Dafür ist Carmen Stuellenberg zuständig. Sie ist erfahrene Script Supervisorin, Manta Manta 2 war ihr achtes Projekt mit Til Schweiger. Entsprechend kennt sie seine Arbeitsweise: „Til hat ein Stammteam um sich, mit dem die Arbeit ein wahres Vergnügen ist. Er probt nicht, sondern entwickelt vieles während des laufenden Takes und probiert aus, inszeniert vor laufenden Kameras.“
Viel wurde während des Drehs verändert oder neu geschrieben: „Wir mussten über Nacht, morgens am Set und im Tagesverlauf auf Änderungen reagieren.“ Den Überblick zu bewahren, selbst bei Takes von 10 oder 20 Minuten: dafür brauche man Erfahrung, gute Nerven und viel Gelassenheit. Diese Spontaneität konnte das LockitNetwork-Team gut abfedern, wofür Carmen dankbar ist: „LockitNetwork konnte auf die vielen spontanen Änderungen und Extrawünsche eingehen, teilweise zu wirklich unchristlichen Uhrzeiten.“
Eine besondere Herausforderung stellte der Dreh des großen Showdowns dar – ein Autorennen, für das eine Woche lang Actionszenen mit drei verschiedenen Units und 14 Kameras gleichzeitig gedreht wurde – eine Materialschlacht inklusive liegengebliebenen Autos mit überhitzten Motoren und Darstellern in Quarantäne.
Drei Script Supervisorinnen für drei Units die parallel gedreht haben:
Carmen Stuellenberg, Eva Lechner, Henrike Stockhausen (von links nach rechts)
Für die drei Dreh-Units fanden die beteiligten Script Supervisorinnen eine gute Lösung: Jede arbeitete in LockitScript in ihrem eigenen Drehtag. Der Drehtag 31 hieß für die Spielszenen-Unit 31, für die 2nd Unit mit den Actionszenen 31 2U und für die Drohnenunit 31 DU.
Für die Bilder musste aber eine andere Idee her: Mit Stäbchen aus dem Drehplan zu arbeiten hätte zu heillosem Durcheinander geführt, da alle Teams an denselben Szenen arbeiteten. Also hat das Script Supervisor-Team neue Zusatzszenen in der App generiert: Carmen erstellte in LockitScript von der jeweilige Szene verschiedene Varianten - für jede Dreh-Unit eine eigene. Im Schneideraum konnte man so auf einen Blick die Drohnenaufnahmen, die Spielszenen und die Action-Einstellungen unterscheiden.
Zudem verwendete Carmen für den Showdown ein eingestrichenes Drehbuch. Szenen konnten nicht nach Storyboard gedreht werden oder es haben sich neue Möglichkeiten ergeben. Die Script Supervisorinnen konnten flexibel und jeder eigenverantwortlich darauf reagieren, ohne sich untereinander erneut absprechen zu müssen.
Dank Tils Offenheit für ihre Ideen konnte Carmen auch ihre Erfahrung als Autorin einbringen, etwa konnte sie eine Szene für Wotan Wilke Möhring und Til Schweiger schreiben. Die Begeisterung merkt man ihr immer noch an: „Das war ein Highlight des Drehs. Zwei solche Schauspiel-Kaliber eine von mir geschriebene Szene spielen zu sehen, war einfach wunderbar.“
Entdeckung hinter einem Button
Für DIT Ronny Langer hingegen begann sein erstes Schweiger-Projekt - zuhause. Während der Vorbereitung hatte er Zeit, um im Interface von LockitNetwork zu stöbern, wo er eine neue, noch in der Testphase befindliche Funktion entdeckte: LockitNetwork mit Webgate verbinden. Webgate.io ist eine cloudbasierte Plattform, mit der man Dailies sichten, Schnittfassungen abnehmen und Daten aller Art mit Externen teilen kann.
Ronny erklärt: „Eigentlich bin ich kein Freund davon, im laufenden Projekt neue Workflows auszuprobieren. Aber das hat sich so vielversprechend angehört, dass ich das unbedingt machen wollte.“ Gesagt, getan: Zusammen mit der Produktionsfirma Constantin Film und der begleitenden Postproduktion PHAROS – The Post Group, wurde das Feature getestet. Schon am nächsten Tag waren LockitNetwork und Webgate verbunden und tauschten fleißig Daten aus. „Die ideale Funktion für das laufende Projekt“, ergänzt der DIT. Anstatt nach den Drehtagen noch Metadaten hochzuladen, konnte er mit einem Klick die durch ihn erstellten Drehtagmuster mit den Kamerametadaten und den Metadaten von Script Supervisorin Carmen zusammenführen. Direkt im Webgate Dailies-Tagesverzeichnis wurde die komplette Szene-Shot-Take-Benennung übernommen und Szenenbeschreibungen von Carmen zu den Shots hinzugefügt. „Damit hatten wir bessere Filterfunktionen und konnten einfacher und schneller arbeiten. Das war für uns eine große Hilfe,“ ergänzt Ronny.
Neuland für den Assistant Editor
Für Schnittassistent Nils Radtke war es das erste Projekt mit LockitNetwork: Er legt den Ton an, beschriftet, sortiert und pflegt auch die Metadaten ein. „Normalerweise bekommt man dafür pro Drehtag die jeweiligen Proxys und Töne vom DIT und einen Editor’s Log vom Script Supervisor.“ Zusammen mit Drehbuch und Klappe werde dann kontrolliert, ob alle Takes korrekt übergeben wurden und wo sie einsortiert werden müssen. Wichtige Informationen, wie Regie- und Ton-Kommentare sowie technische Metadaten werden in einer Form weitergegeben, dass sie in der anschließenden Postproduktions-Pipeline genutzt werden können. So entsteht im Schnittprogramm eine durchsuchbare Datenbank, mit der Editoren schneller die richtigen Takes finden. In der Regel dauert dieser Prozess pro Drehtag etwa einen halben Arbeitstag. „Das einfache Matching der Alexa-ALEs mit den Daten aus LockitNetwork hat mir viel manuelle Arbeit und Zeit gespart.“
Das On-Location-Editing war für Nils eine Veränderung zu seinem üblichen Workflow. Anders als in seiner Arbeit im Posthouse, wo das Material täglich angeliefert wird und er den ganzen Drehtag „en bloc“ für den Schnitt anlegen kann, wurde das Material bei Manta Manta 2 oft pro Szene angeliefert, direkt am Motiv gearbeitet und während Drehpausen geschnitten – Nils musste also besonders schnell sein: Die Vermeidung von Flüchtigkeitsfehlern und die langwierige Prozedur um Sortierung, Suche und Ablage von PDF-Cutterberichten sieht er als weitere Vorteile – gerade weil er der einzige Assistant Editor war. „Ohne optimierte Workflows und die Tools von LockitNetwork wäre die Arbeit alleine gar nicht möglich gewesen.“ Auch Carmen betont: „Am meisten profitiert die Schnittassistenz von LockitNetwork." Der LockitNetwork Workflow half auch bei Unstimmigkeiten zwischen Drehmaterial und Aufzeichnungen, erklärt Nils: „Ich konnte Carmen direkt mitteilen, wenn ich in Avid auf Probleme gestoßen bin und sie konnte dadurch ihre LockitScript-Einträge korrigieren, sodass am Ende eines Drehtages alles zu 100 Prozent gestimmt hat.“
Til Schweigers „Need for Speed“
Während Carmen schon mit Tils rasanter Arbeitsweise vertraut war, mussten sich DIT Ronny und Schnittassistent Nils erst auf das Tempo einstellen: „Til kann es nie schnell genug gehen – der ganze Prozess ist auf Geschwindigkeit optimiert. Der Workflow ist entscheidend, damit er schneiden kann,“ erklärt Ronny.
Ein Kennzeichen dieser Arbeitsmethode ist das schnelle Umlegen der Kamerakarten spätestens bei Richtungswechsel. Das wird als „taktische Umlegung“ bezeichnet und erzeugt unzählige Karten in Rotation. So kann der Editor nach Drehende der Szene schon mit dem Schnitt beginnen, teilweise während noch die restlichen Einstellungen gedreht werden. Ronny hatte also alle Hände voll zu tun, das Material zu laden, zu graden, zu transkodieren und weiter an Schnittassistent Nils zu übergeben, der dann das Avid-Projekt fehlerfrei anlegen musste. „Sofort sichtbare Ergebnisse sind Til wichtig,“ drückt es Nils aus. „Noch am gleichen Drehtag können Korrekturen und Zusätze gedreht werden, wenn im Schnitt auffällt, dass etwas nicht funktioniert.“
Der digitale Workflow musste sich besonders beim Dreh des Showdowns in der letzten Woche bewähren: Neben den beiden Alexa-Minis kamen diverse REDs, Action Cams, DJIs zum Einsatz. Bei so vielen verschiedenen Kameramodellen kann schnell Chaos im DIT-Mobil entstehen - vor allem, wenn Speicherkarten in der Hektik unbeschriftet angeliefert werden und die Clips von den Consumer-Kameras nicht korrekt benannt sind.
Ein weiterer Störfaktor: Die zwei Schnittmobile waren nicht immer mit einem Netzwerk verbunden, sondern jemand musste mit einer SSD hinübergehen und das Material abgeben. Die Action Unit war zudem so weit entfernt, dass keine Funkverbindung zum DIT-Mobil mehr möglich war. „Nils saß bei mir im DIT-Mobil und konnte über LockitNetwork schnell checken, ob die Kamera schon gedreht hatte, auf welcher Rolle das Drehmaterial war und um wie viel es sich handelte. So konnten wir uns darauf einstellen und uns selbst organisieren, etwa unsere Pause ein bisschen schieben.“ Nils nickt und ergänzt: „Es war praktisch, dass wir direkt im Browser sehen konnten, wann die Kamerakarten umgelegt wurden – das hat den Funk zum Kamera-Department und den Script Supervisorinnen reduziert, sodass sich diese auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren konnten.“
Trotz dieses dynamischen Workflows sieht Carmen als erfahrenes Mitglied bei Team Til einige Vorteile für seine Methode: „Ein Team, das mit dieser Arbeitsweise vertraut ist, kann blitzschnell reagieren und eine bereits abgedrehte Richtung schnell wieder herstellen.“ Das sei zwar nicht immer die ökonomisch beste Lösung und für neue Mitarbeiter manchmal schwer zu verstehen. „Flexibilität und Offenheit gegenüber unkonventionellen Arbeitsweisen sind notwendige Skills an einem Schweiger-Set.“
Dennoch hält Carmen diese Arbeitsweise für besonders motivierend: „Man kann schnell sehen, ob man die richtigen Entscheidungen getroffen hat – etwa wenn ich einen Anschlussfehler in Kauf nehme und nicht auf Wiederholung bestehe, weil ich glaube, dass sich das Problem im Schnitt in Luft auflösen wird.“ Deswegen verbringe sie viel Zeit im Schneideraum am Set.
Auch Ronny und Nils können dieser Art zu drehen einiges abgewinnen: Til Schweiger nehme gerne die Energie vom Set mit und wisse im Schnitt sofort welche Takes ihm gefallen haben, ohne das Material sichten zu müssen. Viele Szenen-Rohschnitte waren schon fertig, bevor die Muster online gingen. Dadurch konnten sie gleich nach Drehschluss erste Zusammenschnitte sehen.
Einen Gang höher schalten
Insgesamt sehen die drei ihre Erfahrungen mit dem LockitNetwork-Workflow sehr positiv. Ronny findet die gemeinsame Metadaten-Sammlung sinnvoll: „Ich denke, dass alle Metadaten zentral gesammelt durch LockitNetwork zusammengeführt werden und nicht in verschiedenen Cloud-Plattformen verstreut liegen sollten. Sie sollten auf einer Plattform sein, auf die man mit einem normalen Webbrowser zugreifen kann.“ LockitNetwork ermöglichte es, dass man diese zentral verwalteten Metadaten in Schnittsysteme oder zu Webgate.io importieren kann.
„Der Einstieg in LockitNetwork war sehr intuitiv,“ fasst Nils seine erste Erfahrung mit LockitNetwork zusammen. „Da Geschwindigkeit die oberste Priorität für das Schnittteam war, war LockitNetwork essentiell für uns.“
Für Carmen gibt es ein „gewichtiges“ Argument für LockitNetwork: „Statt einer schweren Tasche und unendlich viel Krempel habe ich jetzt ein iPad und einen Pencil dabei. Meine einseitige Muskelverspannung vom Halten des Drehbuchs ist zwar nicht verschwunden, aber durch das geringere Gewicht deutlich besser geworden.“
An LockitNetwork haben sie eine kleine Wunschliste: Carmen hätte gerne einen Button, der eine Wildtrack-Liste generiert; auch würde sie gerne einem Clip mehreren Takes zuweisen können, etwa einem Outtake. Nils würde sich über einen Live Editor’s Log und eine Anzeige freuen, die die letzte Aktualisierung der Cloud zeigt. Ronny denkt noch größer: Er wünscht sich einen kompletten Workflow, in den alle Departments eingebunden sind mit einem standardisierten Austauschformat für Metadaten – dazu bräuchte es ein Cross-Conversion-Feature. Noch mag das Zukunftsmusik sein, aber wer weiß: Manchmal geht es doch schneller, als man denkt – wie Webgate.io und LockitNetwork bewiesen haben.
„Manta Manta: Zwoter Teil“ kommt am 30. März 2023 in die Kinos.